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Peter Stämpfli###Pudding, 1964

Er sei, so erinnert sich Peter Stämpfli (*1937), sehr von den riesigen, nahezu endlos wiederholten Werbeflächen in den Metrostationen beeindruckt gewesen, als er sich 1959 in Paris niederliess und bald darauf seine Inspiration in der Welt der Konsumgüter fand. Fast ebenso monumental wie diese Metroplakate erweist sich der Schokoladenpudding, den der Künstler 1964 malte und der im Frühwerk zusammen mit Flan (1964) und Baba (1965) eine motivische Dreiergruppe bildet. In fein nuanciertem Dunkelbraun, das die Konsistenz und verführerische Glätte der Süssspeise dank effektvoll gesetzten Glanzlichtern exakt wiedergibt, hebt er sich hart und unvermittelt vom leeren Umraum ab. Kein Teller, kein Löffel, nur unsere Alltagserfahrung und einige Sahnetupfer, die man gestützt auf Roland Barthes' bedeutenden Essay Rhetorik des Bildes (1964) als kalkulierten Hinweis auf die vermeintlich hingebungsvolle Zubereitung des – freilich trotz aller Inszenierungskünste nicht mit artisanalen oder hausgemachten Kreationen vergleichbaren – Industrieprodukts aus den Labors von Dr. Oetker und Co. interpretieren kann, gestatten Rückschlüsse auf die verfremdende, ja erdrückende Übergrösse des Objekts.

Mit solchen isoliert und emotionsarm auf weissem Grund wiedergegebenen Motiven war Peter Stämpfli zuvorderst dabei, als in Frankreich, vorbereitet durch die Décollagisten und die Nouveaux Réalistes, zu Beginn der 1960er-Jahre Figur und Gegenstand auch in die Malerei zurückfanden. Wie sie richtete auch er seinen Blick auf alltägliche Dinge. Doch war es nicht das spezifische, dem  grossstädtischen Alltag entrissene Artefakt mit individueller Ausdruckskraft, das ihn interessierte. Stämpfli fand seine Motive vielmehr unter den Stereotypen, die das moderne Produkt – makellos und technisch perfekt – auf Drucksachen aller Art bewarben. Auch nutzte er die Materialien nach ersten Versuchen mit Montage und Collage nicht mehr direkt, sondern übertrug die über Zeitschriften, Rezepthefte und Warenverpackungen massenhaft verbreiteten Bilder, die er ebenso sorgsam wie selektiv auf ihre Grundzüge und standardisierten Gesten reduzierte, in Malerei. Die trotz Blow-up und Close-up zu kühler Distanz und Anonymität tendierende Umsetzung der Motive führte rasch und mit Recht zu Vergleichen mit der Pop Art. Früh fand aber auch die delikate Malweise Würdigung, durch die sich Stämpfli vom betonten Flächenstil der Werbe- und Verpackungsindustrie ebenso abhob wie von den meisten Vertretern des Pop. Hierin liegt denn auch die Besonderheit der frühen Werke Stämpflis, und sieht man sich Aufnahmen seiner ersten Einzelausstellungen bei Bruno Bischofberger in Zürich und insbesondere bei Jean Larcade in Paris an, wo sie die Schaufenster der Galerien fast sprengten, so tritt dieser doppelte Bruch deutlich zu Tage. Weder hat man es mit der Auslage eines Patissiers zu tun, noch erblickt man tatsächlich Werbung. Stämpflis Bild gewordene Objekte haben vielmehr ihre angestammten Domänen verlassen und begegnen uns im Kunstumfeld in ihrer nackten, zeichenhaften Universalität.