Logo des Aargauer Kunsthauses

Karl Glaus###Bauarbeiter, 1944

Karl Glaus (1925 – 2013) ist ein unbekannter Name der Schweizer Kunstgeschichte. Erst seit der Ausstellung seiner noch zugänglichen Werke in der Zürcher Galerie sam scherrer contemporary im Jahr 2014 hat seine Person und sein Schaffen eine erste grössere Aufmerksamkeit erfahren. Geboren 1925 in Zürich-Albisrieden, beginnt Glaus im Alter von zwölf Jahren zu malen und stellt die Werke im Schaufenster einer Papeterie aus. Nach einer zweijährigen Ausbildung an der Zürcher Kunstgewerbeschule entsteht eine Reihe von Bildern, die auch in den lokalen Medien besprochen wird. Ein Stipendium der Stadt Zürich gibt ihm weiteren Auftrieb, doch mit der Heirat im Jahr 1949 muss sich seine Tätigkeit auf den Broterwerb konzentrieren und seine künstlerische Karriere kommt zu einem abrupten Unterbruch.

Das Aargauer Kunsthaus erhält 2014 eine grosszügige Schenkung des wohl wichtigsten Werks von Glaus: Bauarbeiter (1944). Zusammen mit diesem Hauptwerk kommen zwei weitere Bilder in den Besitz des Kunsthauses, ein Selbstbildnis von 1948 und die Wolgaschlepper von 1945. Das Bild Bauarbeiter vereint Inhalt und Komposition virtuos und überrascht mit einem unmittelbaren Charakter. Die Gruppe der Bauarbeiter ist in ihrer Monumentalität und ihrer kompositorischen Präzision ein malerisches Unikum. Die Bauarbeiter sind in voller Aktivität. Arbeiten wird nicht als mühseliges oder gar erschöpfendes Tun gezeigt, sondern als urtümliche Berufung, die aufopfernd ausgeführt wird. Mauern und Hämmern sind zentrale Tätigkeiten menschlicher Existenz. Die Darstellung ist kein individuelles Bildnis, sondern schafft eine Typologie des Bauarbeiters, ein Idealzustand des bauenden Menschen, dem seine Tätigkeit Nutzen und Erfüllung zugleich ist. Dieser Anspruch wird mit einer dramatischen, ja fast barocken Malweise zelebriert. Die Körper sind überdehnt, sie nehmen serpentinengleiche und pyramidale Formen an, die ihrer Schaffensfreude und ihrer zukunftsgewandten Existenz einen kraftvollen Ausdruck verleihen. Nur ihre Blicke verraten, dass es noch eine weitere Ebene gibt – eine des gegenseitigen Beobachtens, in der Misstrauen und Zweifel mitschwingen. Charakteristisch für dieses Werk ist der Kontrast von virtuoser Maltechnik mit genrehaftem Motiv, das in Grösse und Komposition an ein Wandbild erinnert. Seine Kraft liegt darin, dass Glaus malt, was er auch kennt. Die Überhöhung des Bildes mit einer dynamischen, beinahe festlichen Komposition erhält somit eine zusätzliche Spannung.

Über Jahre bleibt dieses Werk im Atelier von Glaus und wird dem Künstler zu einer Vision seiner Überzeugungen genauso wie zum Tor zu einer Karriere als Künstler. Zu Beginn nimmt er diese motiviert in Angriff, unterbricht sie aber frühzeitig für lange Jahre und findet schliesslich in späten Jahren den Anschluss an diese Schaffenskraft nicht mehr.