Logo des Aargauer Kunsthauses

Silvia Bächli und Eric Hattan###Quer, 2017

64 Holzbretter unterschiedlicher Dimensionen, die meisten davon weiss, einzelne in Beigetönen. Viele sind mit Löchern versehen, in denen vermutlich einst Schrauben steckten und die auf den früheren Verwendungszweck der nun zu Bildtafeln umfunktionierten Bretter hinweisen. Wer auch schon Möbel von IKEA eigenhändig zusammengebaut hat, mag hier Vertrautes vorfinden. Die Holztafeln sind übers Eck angeordnet und über jede einzelne von ihnen zieht sich eine schwarze Markierung. Auf einigen Ebenen der Installation verbinden sich diese zu einer durchgezogenen langen Linie. Andernorts wird sie unterbrochen, verschiebt sich in ihrer Höhe. Die schwarzen Striche sind in der Mitte der Tafeln angebracht, von Hand, wie die nicht immer ganz gerade durchgehaltene Pinselführung erkennen lässt. Jede der Tafeln ist einzigartig und zugleich Teil eines Ganzen, verbunden nicht durch Berührung – die Bretter sind alle mit Abstand zueinander gehängt – sondern lediglich durch die gemalte Linie.

Die Arbeit Quer (2017) von Silvia Bächli (*1956) und Eric Hattan (*1955) führt vor, wie stark ein Raum mit minimalsten Mitteln verwandelt werden kann. Denn auch wenn die Installation durchaus als Objekt für sich steht, ist mit der flächigen Anordnung und der weissen Farbe der Bretter auf dem Weiss der Wand eine Verschmelzung von Objekt und Raum unbestreitbar. Diese Ortsspezifität des Werkes, die Beschäftigung mit der Ausstellungssituation, mit dem Räumlichen, ist es auch, was unter anderem die künstlerische Praxis von Bächli und Hattan vereint. Während Bächli vor allem als Zeichnerin in Erscheinung tritt, realisiert Hattan Videos, Skulpturen und Installationen. Ein installativer Charakter ist aber auch immer der Präsentation von Bächlis Papierarbeiten eigen. Ebenso ist der räumliche Aspekt werkimmanent, denn Zeichnen ist für die Künstlerin in erster Linie das Erschaffen von Raum in einem vorgegebenen Rahmen, den Grenzen des Blatt Papiers.  Bei Hattan sind die Bezüge zum Räumlichen offensichtlich, wenn er wie 2010 im Musée d’art contemporain Val-de-Marne in Vitry-sur-Seine eine sieben Meter hohe Nische des einzigen Fensters des Museums mit Sperrmüllgegenständen zubaut.

Mit diesem Hinweis ist auch das Rätsel gelüftet, woher die weissen Tafeln der Arbeit Quer stammen: Auch sie sind alte, weggeworfene Möbelteile, die im Stadtraum zusammengesucht wurden. Quer war im Frühling/Sommer 2017 bereits im Centre Culturel Suisse in Paris zu sehen, allerdings in einer anderen Zusammenstellung als in Aarau, wo dieselben Tafeln dann in der Ausstellung Auswahl 17 hingen. Dies ist nur konsequent, wenn man von Bächlis und Hattans intensiver Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ausstellungsort weiss. Die Vorliebe von Hattan für alltägliche Materialien und der Bastelcharakter der Installation gehen mit dem Zeichnerischen, den schwarzen Linien Bächlis in Quer eine Symbiose ein, die wunderbar die Gemeinsamkeiten sowie die Unterschiede der beiden Kunstschaffenden aufzeigt.